EPK und BPMN 2.0 – Vorteile, Definition und Unterschiede der beiden Prozessmodellierungssprachen

Roth, Ellen | 12.10.2023
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Der Weg zu besserer Prozesstransparenz

Vieles ist im Wandel, stetig werden Unternehmen mit neuen Anforderungen, Herausforderungen und Technologien konfrontiert. Um auf diesem zunehmend schnelllebigen Markt mitzuhalten, muss ein Betrieb sich selbst regelmäßig weiterentwickeln, verbessern sowie die eigenen Abläufe auf den Prüfstand stellen.

Zur erleichterten Erkennbarkeit von Verbesserungspotenzial und Handlungsbedarf innerhalb eines Unternehmens eignet sich die Modellierung aller Geschäftsprozesse.

Was ist Prozessmodellierung?

Bei der Prozessmodellierung werden standardisierte Geschäftsprozesse mithilfe einer Modellierungssprache mit definierten Syntaxregeln grafisch dargestellt. Diese schematische Darstellung von Abläufen dient zur Veranschaulichung und zum besseren Verständnis des Gesamtablaufs der Prozesse. Sind die Geschäftsprozesse erst einmal in einem solchen Prozessmodell visualisiert, lassen sie sich leichter analysieren und optimieren. Neben der Verbesserung von Prozessabläufen wird die Automatisierung der modellierten Prozesse angestrebt, um zusätzliche Ressourcen und somit Kosten einzusparen. Prozessmodellierung kann also dabei helfen, die Abläufe eines Unternehmens effizienter und so auch kostengünstiger zu gestalten.

Zunächst gilt es jedoch, sich für die Prozessmodellierungssprache zu entscheiden, die am besten zu Ihren Zielen und Bedürfnissen passt.

Zu den am häufigsten in Deutschland genutzten Prozessmodellierungssprachen gehört die ereignisgesteuerte Prozesskette (EPK). Diese soll nachfolgend vorgestellt und mit der später erschienen und weltweit genutzten Business Process Model and Notation 2.0 (BPMN 2.0) verglichen werden.

Vorteile von Prozessmodellierung

  • Effizienzsteigerung
  • Steigerung der Kundenzufriedenheit
  • Verbesserung der Unternehmensreaktionsfähigkeit
  • Verbesserung der Unternehmenskoordination und -kontrolle
  • Erleichterte Einhaltung neuer Verordnungen
  • Transparenz und Messbarkeit von Prozessen
  • Einfachere Kommunikation und Zusammenarbeit

Ereignisgesteuerte Prozesskette (EPK) – Definition und Erklärung

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Die ereignisgesteuerte Prozesskette ist eine semi-formale Modellierungssprache, die Geschäftsprozesse grafisch als Ablaufdiagramme mit einem Verlauf von oben nach unten veranschaulicht. Mit ihr lassen sich Standardprozesse übersichtlich darstellen, analysieren und optimieren, indem Kontroll- und Datenflüsse, Abhängigkeiten von Ereignissen und Funktionen, parallele Abläufe sowie bedingte Verzweigungen oder Schleifen einfach abgebildet werden.

Die Grundelemente der EPK sind:

  • Funktion
    Funktionen stellen Vorgänge dar, die aufgrund eines auslösenden Ereignisses durchgeführt werden.
  • Ereignis
    Ereignisse bilden eingetretene betriebswirtschaftliche Zustände ab, die einen Vorgang auslösen oder das Ergebnis eines Vorgangs sind.
  • Konnektor (häufig auch Operator genannt)
    Konnektoren verknüpfen Ereignisse und Funktionen logisch miteinander und werden ergänzend zu Verbindungspfeilen hinzugefügt. Sie werden in drei Arten unterteilt: in eine UND-, eine ODER- und eine EXKLUSIV-ODER-Verknüpfung.
  • Verbindungspfeil
    Verbindungspfeile geben den Kontrollfluss des Ablaufdiagramms wieder und können durch Konnektoren aufgespalten und wieder vereint werden.
  • Prozesswegweiser
    Prozesswegweiser setzen sich aus einem Ereignis und einer überlagernden Funktion zusammen und zeigen die Verbindung zu einem anderen Prozess oder Unterprozess an.

Eine Prozesskette beginnt und endet stets mit einem Start- und einem Schlussereignis oder einem Prozesswegweiser. Daneben zeichnet sich die ereignisgesteuerte Prozesskette durch ein abwechselndes Aufeinanderfolgen von Ereignissen und Funktionen aus, die durch Verbindungspfeile und Konnektoren miteinander verknüpft sind.

Erweiterte ereignisgesteuerte Prozesskette (eEPK)

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Die ereignisgesteuerte Prozesskette kann durch zwei weitere Zusatzelemente ergänzt werden – zur erweiterten ereignisgesteuerten Prozesskette (eEPK). Bei diesen beiden Elementen handelt es sich um ein Organisationseinheits- und ein Informationselement, die die grafische Darstellung detailgenauer gestalten. Beispielsweise können so Verantwortliche für bestimmte Prozessschritte abgebildet werden.

Business Process Model and Notation 2.0 – Definition und Erklärung

Bilder Fachartikel BPMN BPMN Grafiken

Die Modellierungssprache Business Process Model and Notation 2.0, kurz BPMN 2.0, dient der visuellen Darstellung und Automatisierung von Geschäftsprozessen. Mit der international verwendeten Notation lassen sich Prozesse also nicht nur grafisch abbilden, sondern auch im Hintergrund automatisch ausführen. Diese Zusammenführung der Unternehmensfachbereiche mit der IT hebt BPMN 2.0 von anderen Prozessmodellsprachen ab. BPMN kann somit als Grundpfeiler der digitalen Transformation betrachtet werden, da zuvor analoge Abläufe im Unternehmen digital abgebildet und darauf aufbauend IT-seitig gesteuert wurden.

Die Elemente der BPMN 2.0 sind:

  • Ereignis
    Ereignisse zeigen an, wo der Prozess oder Teilprozess beginnt, wo er endet und wo sich relevante Zwischenschritte befinden.
  • Aktivität
    Aktivitäten sind konkrete Handlungsschritte, die durch Pfeile miteinander verbunden sind und so eine Abarbeitungsreihenfolge bilden.
  • Gateway
    Gateways stellen Entscheidungspunkte in den Sequenzflüssen dar, die Verzweigungen auslösen und zusammenführen. Sie unterteilen sich u. a. in: exklusive, parallele und inklusive Gateways.
  • Token
    Token dienen dem kontrollierten und nachvollziehbaren Ablauf der Einzelschritte und zeigen an, an welcher Stelle sich die Ausführung eines Prozesses gerade befindet. Aus technischer Sicht steuern Token außerdem, wann eine Aktivität gestartet werden darf und wann sie als beendet gilt.
  • Verbindungspfeil
    Verbindungspfeile verbinden die Elemente und können von Gateways ergänzt sein. Je nach Beschaffenheit der Linien bedeuten die Pfeile, dass zwischen den verbundenen Elementen ein Sequenzfluss (durchgezogene Linie), eine Assoziation (gepunktete Linie) oder ein Nachrichtenfluss (gestrichelte Linie) besteht.
  • Teilprozess
    Mehrere Aktivitäten können als Teilprozess ausgelagert werden, um die Komplexität eines Prozesses zu reduzieren.

Für eine übersichtliche Abbildung sorgt die Aufteilung der Ablaufdiagramme in Pools (Flächen) mit Swimlanes (Bahnen) – auch Lanes genannt. Ein Pool umfasst dabei den kompletten betrachteten Prozess und die Swimlanes stellen die Verantwortlichkeiten in separaten Bahnen dar. In diese werden die einzelnen Elemente (Aktivitäten, Ereignisse, Verbindungspfeile und Gateways) von chronologisch eingeordnet.

Mit BPMN 2.0 lassen sich somit sowohl einfache als auch komplexe Prozesse nachvollziehbar visualisieren. In automatisierbaren Geschäftsprozessen werden die Aktivitäten über Service-Tasks automatisch gesteuert.


Mit unserem praktischen BPMN-Poster haben Sie die Erklärungen zu allen Elementen der BPMN 2.0 auf einen Blick. Die übersichtliche Auflistung umfasst Aktivitäten, Markierungs- und Aufgabensymbole, Sequenzflüsse, Gateways, die verschiedenen Stadien von Ereignissen, Sonden, Artefakte, Pools und Bahnen, Datensymbole sowie wichtige Dos und Don'ts.

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Vergleich EPK vs. BPMN 2.0

Bilder Fachartikel BPMN EPK Bild 4 Onboarding vs

Gemeinsamkeiten

Beide Modellierungssprachen sind anwendungsübergreifend nutzbar und bieten einfache und übersichtliche Darstellungsmöglichkeiten von Prozessen. Sie sind leicht und intuitiv erschließbar, sodass auch Nicht-Experten sie gut verstehen und bedienen können.

Unterschiede

Die beiden Abbildungen desselben Onboarding-Prozesses – einmal als EPK- und einmal als BPMN 2.0-Workflow – lassen schon auf den ersten Blick erkennen, worin die Schwächen der EPK liegen. Diese benötigt zur Darstellung des Prozesses wesentlich mehr Elemente als die BPMN 2.0 und wird dadurch unübersichtlicher.

Darstellung

Hinsichtlich der Darstellung unterscheiden sich EPK und BPMN 2.0 sehr. Während Prozesse bei der EPK von oben nach unten als Diagramm abbildet werden und Verantwortliche nur bei der erweiterten Form eingetragen werden können, kann die BPMN 2.0 Prozesse in Pools und Lanes sowohl waagerecht als auch senkrecht darstellen. Dies ermöglicht zum einen die genaue Abbildung der Verantwortlichkeiten für jeden Prozessschritt und sorgt dadurch für eine viel übersichtlichere Anordnung als bei den Diagrammen der EPK (oder der eEPK).

Elemente

Eine Schnittmenge der Elemente beider Notationen ähnelt sich, darüber hinaus beinhaltet die BPMN 2.0 eine Vielzahl weiterer Elemente, die Prozessmodellen mehr Genauigkeit und Details verleihen.

Da die EPK ereignisgesteuert funktioniert, kommt es bei der Prozessmodellierung häufig zu Dopplungen, die die Abbildung umfangreicher machen, jedoch wenig Mehrwert bieten – Auf jede Aktivität (= Funktion in der EPK) muss zwingend ein Ereignis folgen und umgekehrt: z. B. „Produkt nachbestellen“ (Funktion) -> „Produkt nachbestellt“ (Ereignis).

In der BPMN 2.0 lässt sich mithilfe des Tokens bei einem automatisierten Prozess stets überblicken, wie weit dessen Durchführung bereits fortgeschritten ist (aktueller Bearbeitungsstatus). Token werden technisch außerdem dazu verwendet, parallele oder zeitgesteuerte Abläufe möglich zu machen.

Automatisierung

Der größte Unterschied besteht in der Automatisierung von Prozessen, bei welcher die BPMN 2.0 die EPK in den Schatten stellt. Diese Notation ist somit besser als die EPK dafür geeignet, nicht-automatisierbare sowie automatisierbare Geschäftsprozesse zu modellieren. Dabei wird die fehlerfreie Prozessausführung von der BPMN Engine überwacht; Mitarbeiter werden über anstehende Aufgaben informiert, externe Systeme aktiviert und automatisierbare Aufgaben direkt ausgeführt. So kann gewährleistet werden, dass kein Prozessschritt vergessen und die Ausführungsreihenfolge eingehalten wird.

Verbreitung

Die EPK wird hauptsächlich deutschlandweit genutzt. Dies hängt zum einen damit zusammen, dass die Notation in Deutschland entwickelt wurde, zum anderen konnte sie sich außerhalb des deutschsprachigen Raumes aufgrund ihrer mangelnden Standardisierung nur gering durchsetzen.

Dagegen wird die BPMN 2.0 weltweit genutzt. Dies bewirkt eine stetige Weiterentwicklung des Tools, wodurch Prozesse mit BPMN 2.0 immer flexibler und komplexer aufgebaut werden können, wie beispielsweise mit integrierten Schleifen (Wiederholungen), spezifischen Bedingungen, Zeitsteuerung oder parallelen Abläufen.

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Abbildung eines Onboarding-Prozesses mit BPMN 2.0.

In unserem Flyer Workflows mit System finden Sie alle Vorteile von Prozessautomatisierung mit BPMN 2.0.

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Fazit: Wodurch die BPMN 2.0 hervorsticht

Sowohl EPK als auch BPMN 2.0 sind Notationen zur Prozessmodellierung, die Prozesse so einfach wie möglich und so komplex wie nötig darstellen sollen. Durch die überschaubare Anzahl an beinhalteten Elementen sind sie auch von Nicht-Experten gut bedienbar.

Die ereignisgesteuerte Prozesskette kann durch ihre aufeinanderfolgenden und sich wiederholenden Elemente schnell sehr unübersichtlich werden. Dies zeigt sich besonders im direkten Vergleich der beiden oben abgebildeten Onboarding-Workflows, welche denselben Prozess darstellen.

Ebenfalls wird die EPK von den performancesteigernden Möglichkeiten der BPMN 2.0 komplett in den Schatten gestellt. Mit zusätzlichen Informationselementen und Automatisierung bietet die Business Process Model and Notation 2.0 Optionen, mit deren Hilfe sowohl einfache als auch komplexere, automatisierbare und nicht-automatisierbare Prozesse abgebildet werden können.

BPMN 2.0 – Vorteile auf einen Blick

  • Vereinfachung komplexer Prozesse
  • Übersichtlichere, detailliertere Darstellung
  • Besseres Verständnis der Prozesse
  • Einfachere Optimierung
  • Kostensenkung
  • Internationale Nutzung

Einen Vergleich von BPMN 2.0 mit Robotic Process Automation, einer Software für Geschäftsprozessautomatisierung, finden Sie in unserem Artikel Robotic Process Automation (RPA) – die Revolution bei der Automatisierung von Geschäftsprozessen?